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FoeBuD-Newsletter: Ausgabe 19, April 2011

"Wenn wir Deutschland mit einem Bus vergleichen, dann wäre das so, dass die Verfassungsrichter aufgesprungen sind, den Fahrer beiseite geschubst und die Handbremse gezogen haben, im letzten Moment bevor der Bus in die Schlucht gestürzt wäre. (...) Zur Zeit versucht der Busfahrer gerade, die Richter zum Loslassen der verdammten Bremse zu veranlassen, damit der Bus weiterfahren kann..." - Rop Gonggrijp zu den Versuchen, die Vorratsdatenspeicherung wieder einzuführen

Inhaltsverzeichnis

1.) FoeBuD wächst - zwei Stellenausschreibungen
2.) BigBrotherAwards 2011 - Preisträger, Videos und Pressespiegel
3.) Internetsperren-Gesetz wird politisch gekippt
4.) Die Vorratsdatenspeicherung als Wiedergänger: "Mindestspeicherdauer"
5.) Neues Buch "Die Datenfresser"
6.) Termine

1.) FoeBuD wächst - zwei Stellenausschreibungen

Seit 1987 setzt sich der FoeBuD e.V. mit medienwirksamen Aktionen und Kompetenz für Bürgerrechte und Datenschutz, freie Kommunikation und eine lebenswerte Welt im digitalen Zeitalter ein. Unsere Themen werden immer wichtiger, die Arbeit immer mehr - und: der FoeBuD wächst: Wir freuen uns, zwei Stellen ausschreiben zu können. Zum nächstmöglichen Termin suchen wir zwei neue Mitarbeiter/innen:

- Organisatorische Geschäftsführung (m/w)
- Redaktion / Campaigning (m/w)

Die Geschäftsführung ist (in Zusammenarbeit mit einem bewährten Team) für die organisatorischen und finanziellen Abläufe beim FoeBuD verantwortlich.

Bei der Redaktion und Kampagnenarbeit brauchen wir jemanden, der die inhaltliche Arbeit und die Medien des FoeBuD weiterentwickelt:
Jemanden mit technischem Verständnis und Gespür für gesellschaftliche Entwicklungen, die oder der eigenständig Themen recherchieren mag, Positionen formulieren kann, aber auch Kampagnen (mit den üblichen Mitteln Web, E-Mail, Flugschriften, Broschüren etc.) entwickeln kann.

Beide Stellen sind für je 20 Stunden pro Woche, spätere Aufstockung möglich. Die detallierten Ausschreibungen finden Sie auf unserer Website:
http://www.foebud.org/jobs

Bitte bewerben Sie sich auch, wenn Sie den Profilen nicht zu hundert Prozent entsprechen. Und reichen Sie diese Ausschreibung gerne an Interessierte weiter!

Bewerbungsfrist ist Mittwoch, 27.4.2011, 18:00 Uhr. Bewerbungen bitte ausschließlich per E-Mail (nicht per Briefpost!) an bewerbung@foebud.org

Nähere Auskünfte erteilt Rena Tangens, 0521 / 175254
bewerbung@foebud.org

2.) BigBrotherAwards 2011 - Preisträger, Videos und Pressespiegel

Zum elften Mal wurden am 1. April die BigBrotherAwards vor größerem Publikum vergeben - die Negativpreise für die schlimmsten Datenkraken in Deutschland. "Ausgezeichnet" haben wir in verschiedenen Kategorien:

- Politik: der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU), für den ersten nachgewiesenen polizeilichen Einsatz einer Mini-Üeberwachungsdrohne bei politischen Versammlungen.

- Behörden und Verwaltung: Prof. Dr. Gert G. Wagner, Vorsitzender der Zensuskommission (stellvertretend für alle daran Beteiligten) wegen der Zweckentfremdung der Daten aus Melderegistern, von der Bundesagentur für Arbeit und bundesbehördlicher Arbeitgeber, ohne dass die Betroffenen rechtzeitig und ausreichend darüber informiert werden oder dem widersprechen könnten.

- Technik: die Modemarke Peuterey, vertreten durch die Düsseldorfer Modeagentur Torsten Müller, weil sie Kleidung mit verdeckt integriertem RFID-Chip in Verkehr bringt, der berührungslos auslesbar ist, ohne dass die Kunden das bemerken.

- Verbraucherschutz: der Verlag für Wissen und Innovation in Starnberg, für das Sammeln von Adressen als Gegenleistung für Büchergutscheine.

- Arbeitswelt (1): der Deutsche Zoll, der von deutschen Unternehmen verlangt, ihre Beschäftigten mit us-amerikanischen Antiterrorlisten abzugleichen.

- Arbeitswelt (2): die Daimler AG, Stuttgart (stellvertretend), für die Praxis, flächendeckend Bluttests von ihren Produktionsmitarbeitern zu fordern.

- Kommunikation (1): die Facebook Deutschland GmbH, für die gezielte Ausforschung von Menschen und ihrer persönlichen Beziehungen hinter der netten Fassade eines vorgeblichen Gratisangebots.

- Kommunikation (2): die Apple GmbH, München, für die Geiselnahme ihrer Kunden mittels teurer Hardware und die darauf folgende Erpressung, den firmeneigenen zweifelhaften Datenschutzbedingungen zuzustimmen.

Der Publikumspreis ging an Facebook, als Neusprech wurde das Wort "Mindestspeicherdauer" als neue Verpackung der verbotenen Vorratsdatenspeicherung ausgezeichnet.

Detaillierte Informationen und die lesenswerten Laudationes:
http://www.bigbrotherawards.de/2011

Videoaufzeichnung der Verleihungsgala am 01.04.:
http://www.youtube.com/watch?v=8OkM55QcqWM (1:50:31 h)

Videoauskopplung: Facebook Laudatio (Teil 1 von 2)
http://www.youtube.com/watch?v=Ja3avFNwgWE
Videoauskopplung: Facebook Laudatio (Teil 2 von 2)
http://www.youtube.com/watch?v=Kil7W-TTNxQ
Videoauskopplung: Niedersächsischer Innenminister Uwe Schünemann
http://www.youtube.com/watch?v=_fWBBIN-FMo
Videoauskopplung: Mindestspeicherdauer Laudatio
http://www.youtube.com/watch?v=8-UsiradbDM

Pressespiegel zu den BigBrotherAwards 2011 (Auswahl)
https://www.bigbrotherawards.de/2011/pressespiegel2011

3.) Internetsperren-Gesetz wird politisch gekippt

Endlich! Das Internetsperren-Gesetz - amtsdeutsch "Zugangserschwerungsgesetz" - soll kippen. Am 13.4. hat das Kabinett die Eckpunkte für ein Aufhebungsgesetz beschlossen. Es muss jetzt noch den Bundestag passieren. Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger konnte sich mit ihrer Position "Löschen statt Sperren" gegen den Aufbau einer Zensur-Infrastruktur durchsetzen.

Kurz nach dieser Nachricht bekamen wir Post vom Bundesverfassungsgericht: Die Beschwerde gegen das Zugangserschwerungsgesetz werde abgewiesen. Sie sei unzulässig, es müsse das Subsidiaritätsprinzip beachtet werden. In anderen Worten: Die Klage solle erstmal auf den Instanzenweg. Gegen die Netzsperren hatten u.a. der AK Zensur und padeluun vom FoeBuD e.V. Verfassungsbeschwerde eingelegt. So gerne wir natürlich vor dem Bundesverfassungsgericht gewonnen hätten, sehen wir die Ablehnung der Verfassungsbeschwerde doch auch mit einem lachenden Auge. Denn der Gang nach Karlsruhe ist immer die letzte Notbremse für den Rechtsstaat - politische Lösungen ziehen wir dem vor.

Dass das Netzsperren-Gesetz nun gekippt wird, zeigt, dass öffentlicher Druck Wirkung zeigt. Es ist ein großer Erfolg der vielen, die sich für Bürgerrechte im Netz engagiert haben und mit Aufklärung von Politikern und Öffentlichkeit, Aktionen, Studien, einer sehr erfolgreichen Bundestagspetition, Lobbygesprächen in Berlin und Brüssel und einer Verfassungsbeschwerde eine große Öffentlichkeit für das Thema gewinnen konnten.

Herzlichen Dank an alle, die uns unterstützt haben!

4.) Die Vorratsdatenspeicherung als untoter Wiedergänger: Mindestspeicherdauer

Die Vorratsdatenspeicherung ist ein untoter Wiedergänger, ein Zombie. Im März 2010 hatte das Bundesverfassungsgericht deren konkrete Umsetzung in Deutschland für "verfassungswidrig" und "nichtig" erklärt. Dies geschah auch auf Betreiben des FoeBuD.

Das klare Urteil des höchsten Gerichts hindert Teile der Regierungsparteien und Ermittlerkreise nicht daran, ihre Wiedereinführung zu fordern. Allerdings wird dies Begehren jetzt gern mit dem Begriff "Mindestspeicherdauer" getarnt. Auf diesen durchsichtigen Vernebelungsversuch hat der FoeBuD gerade reagiert: im Rahmen der BigBrotherAwards wurde die Wortschöpfung in der Sonderkategorie "Neusprech" (Newspeak) ausgezeichnet.

Mittlerweile liegt seitens der Europäischen Kommission ein Bericht über die Umsetzung der Überwachunsgmaßnahme in den Mitgliedsländern vor. Der FDP-Innenexperte im EU-Parlament, Alexander Alvaro, hat den Bericht auf seiner Website veröffentlicht: "Evaluation Report on the Data Retention Directive (Directive 2006/24/EC)". Seiner Meinung nach zeigt der Bericht das "Scheitern der Vorratsdatenspeicherung".

Ähnliches geht aus einem Bericht des wissenschaftlichen Dienst des Bundestags (Az.: WD 7 3000 036/11) hervor, über den Stefan Krempl im heise-Newsticker berichtet: "In den meisten Ländern kam es in den Jahren 2005 bis 2010 zu keinen signifikanten Änderungen der Aufklärungsquote", heißt es dort. Im April kam der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung nach einer Untersuchung der deutschen polizeilichen Kriminalstatistik zu dem Schluß "Die Polizei registrierte in der Zeit der Vorratsdatenspeicherung mehr schwere Straftaten (2009: 16.814) als zuvor (2007: 15.790), die zudem seltener aufgeklärt wurden (2009: 83,5%) als noch vor Beginn der anlasslosen Kommunikationsprotokollierung (2007: 84,4%)".

Selbst die zuständige EU-Kommissarin Cecilia Malmström ist mit dem Ergebnis nicht zufrieden. Gegenüber der "Welt" sagte sie, sie plane einen neuen Gesetzentwurf bis Ende des Jahres. Unter anderem sei der Rahmen, in dem sich Strafverfolger Zugang zu den gespeicherten Daten beschaffen können, zu groß.

Vor diesem Hintergrund zeigt sich, wie verbohrt die Forderungen sind, jetzt eine "Mindestspeicherdauer" gesetzlich vorzuschreiben.

Es bleibt dabei: Die Aussagekraft (und damit das Mißbrauchspotenzial) gespeicherter Verbindungsdaten von Telefon, Mobiltelefonie und Internetnutzung ist hoch, der Eingriff in die Grundrechte aller Bürger wiegt schwer.

Das ist jüngst eindrucksvoll demonstriert worden: Malte Spitz, Bundesvorstand der Grünen, hatte T-Mobile verklagt, ihm über ihn gesammelten Daten herauszugeben. Dabei wurden die Daten seiner Kommunikationspartner anonymisiert. Diese Rohdaten sind eine trockene Tabelle, die Spitz der Zeit online zur Verfügung stellte. Deren Journalisten haben die Daten dann visualisiert: Jetzt gibt es einen interaktiven Film, der das Bewegungsprofil von Malte Spitz August 2009 bis Februar 2010 zeigt. Man kann exakt nachvollziehen, wann Spitz an welchem Ort war und wie er dort (elektronisch) kommuniziert hat.

Nach unserer Meinung gibt es nur eine saubere und mit den Grundrechten vereinbare Lösung: Die Vorratsdatenspeicherung muss europaweit verboten werden.

BigBrotherAwards 2011: Neusprech:
Mindestspeicherdauer, Laudatio von Martin Haase
http://www.bigbrotherawards.de/2011/.newspeak

Alexander Alvaro: Kommissionsbericht zur Vorratsdatenspeicherung
"Evaluation Report on the Data Retention Directive (Directive 2006/24/EC)"
http://www.alexander-alvaro.de/archives/1904/test-2

Alexander Alvaro: Kommissionsbericht bestätigt Scheitern der Vorratsdatenspeicherung
http://www.alexander-alvaro.de/archives/1924/alvaro-kommissionsbericht-bestaetigt-scheitern-der-vorratsdatenspeicherung

Bundestagsanalyse: Vorratsdatenspeicherung hilft Ermittlern nicht wirklich
von Stefan Krempl - heise.de, 07.04.2011
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Bundestagsanalyse-Vorratsdatenspeicherung-hilft-Ermittlern-nicht-wirklich-1223876.html

Brüssel will neue Regeln für Vorratsdaten erlassen
von Stefanie Bolzen - Welt.de 15.04.2011
http://www.welt.de/print/die_welt/politik/article13179292/Bruessel-will-neue-Regeln-fuer-Vorratsdaten-erlassen.html

Ãœberarbeitete Untersuchung: Vorratsdatenspeicherung ist ineffektiv (mit Schaubildern)
AK Vorrat, (10.04.2011)
http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/440/135/lang,de/

Was Vorratsdaten über uns verraten
Von Kai Biermann - Zeit online, 24.02.2011
http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2011-02/vorratsdaten-malte-spitz?page=all

"Rohdaten" von Malte Spitz
https://spreadsheets.google.com/ccc?key=0An0YnoiCbFHGdGp3WnJkbE4xWTdDTVV0ZDlQeWZmSXc&hl=en_GB&authkey=COCjw-kG

Interaktive Karte:
http://www.zeit.de/datenschutz/malte-spitz-vorratsdaten

AK Vorrat fordert europaweites Vorratsdatenspeicherungs-Verbot (18.04.2011)
http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/445/1/lang,de/

5.) Neues Buch "Die Datenfresser"

Constanze Kurz und Frank Rieger (beide CCC) beleuchten in ihrem gerade erschienenen Buch, das Treiben der Wirtschaft und des Staates beim Datensammeln. Es ist zu einer Industrie geworden, Daten zu sammeln, Profile zu erstellen und zu verkaufen. Die Namen der entsprechenden Firmen kennt jeder (zum Teil auch durch die BigBrotherAwards), und viele nutzen solche Angebote in der irrigen Annahme, dies geschehe umsonst (statt unentgeltlich). Man bezahlt mit seinen Daten.

Ein Vorab-Kapitel gibt es bei Zeit online zu lesen. Das Buch gibt es bald auch im FoeBuD-Online-Shop.

Constanze Kurz/Frank Rieger: Die Datenfresser. Wie Internetfirmen und Staat sich unsere Daten einverleiben und wie wir die Kontrolle darueber zurueckerlangen. Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag, 2011.
272 Seiten. 16,95 Euro.
http://datenfresser.info/

Der Informationstreibstoff von Google & Co. Daten, Algorithmen und ihre Profiteure - Wie Internetfirmen und Staat sich unsere persoenlichen Daten einverleiben. Ein Vorabkapitel aus dem Buch "Die Datenfresser". - Zeit online, 12.04.2011
http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2011-04/datenfresser-kurz-rieger?page=all

6.) Termine

Bitte schon mal reservieren:
- Samstag, 10.9.2011 Demo / Aktionstag "Freiheit statt Angst" in Berlin
- Freitag, 7. bis Sonntag, 9. Oktober 2011 AktivKongress in Hamburg-Sasel

Spenden

FoeBuD e.V.
Konto 2129799
Sparkasse Bielefeld
BLZ 480 501 61
Online spenden: https://www.foebud.org/spende/


2011-07-05 16:39