FoeBuD-Newsletter: Ausgabe 005, Oktober 2004
Vier Bundesministerien beraten über RFID, Der FoeBuD besucht die EU in Brüssel und berät zum Thema RFID, der FoeBuD-Shop geht online, der fünft Big Brother Award steht an.
»Es ist ein ungleicher Kampf – eine Handvoll ehrenamtlich arbeitender Enthusiasten des FoeBuD gegen milliardenschwere Konzerne – doch er zeigt Wirkung« (Spiegel online)Newsletter des FoeBuD e.V., Ausgabe 5, Oktober 2004
Inhalt:
- 1) Vier Bundesministerien beraten über RFID
- 2) Der FoeBuD besucht die EU in Brüssel
- 3) Datenschutzshoppen beim FoeBuD
- 4) »Datenkraken am Kragen packen« – Die fünfte Verleihung der Big Brother Awards
- 5) »Warum immer ich?« Schicksal - eine Betriebsanleitung. Public Domain #132
- 6) Erklärung gegen Datenvorratsspeicherung
- 7) FoeBuD in der Presse:
- 8) Termin-Vorschau
1) Vier Bundesministerien beraten über RFID
Der FoeBuD kämft dafür, dass RFID-Technik, die Gegenstände per Funkwellen identifiziert und per Lesegerät Informationen aussendet, keinesfalls unkontrolliert eingeführt wird. Am 17. August luden Wirtschafts-, Verbraucherschutz-, Innen- und und Justizministreium gemeinsam zu einer Diskussionsveranstaltung mit dem Titel »RFID und Verbraucherschutz« nach Berlin.. Auch der FoeBuD war eingeladen und fragt sich, ob dies nun ein erster Schritt das geforderte Gremium, dem Daten-, Verbraucher- und UmweltschützerInnen (Elektrosmog) sowie Arbeitnehmer-Vertretungen und BürgerrechtlerInnen angehören, einzurichten, sein soll. Noch gar nicht geklärt ist die Frage der Kostenübernahme. Der FoeBuD fordert nämlich auch, dass die Kosten der Mitarbeit in diesem Gremium nach dem Verursacherprinzip von den Nutznießern der RFID-Technik getragen werden müssen.
Bei dem Forum waren die RFID-Kritiker deutlich in der Minderheit. Der Bundesdatenschutzbeauftragte und FoeBuD als der Verein, der mit seiner Kritik den Bund erst auf die Probleme, die mit dem RFID-Einsatz einhergehen, aufmerksam gemacht hat, waren eingeladen. Rund dreiviertel der Anwesenden waren Vertreter von Organisationen, die RFID-Technik herstellen, normieren oder sie anwenden. So saßen in der Runde neben der Pro-RFID-Lobby-Gruppe Eicar auch der Einzelhandelsverband und die Handelskonzerne Metro, Rewe, Procter&Gamle und Kraft. Ihr Tenor: Die Anwendung von RFID solle keinesfalls durch Gesetze geregelt werden.
Mit dabei auch Patrick von Braunmühl vom Bundesverband Verbraucherzentrale. Er bezog eine klare Position und hob hervor, dass sich bereits heute Handelsunternehmen bei dem Umgang mit Kundenkarten nicht immer an Gesetze halten. Spätestens an der Kasse müsse RFID standardmäßig deaktiviert werden. Für Rena Tangens gibt es keinen Grund für blindes Vertrauen in die Konzerne. Sie plädierte entschieden für Gesetze, die den Umgang mit RFID regeln, da RFID »vielfältige Risiken für eine demokratische Gesellschaft birgt«. Sie könne zur umfassenden Kontrolle, Überwachung und Manipulation der Bürger eingesetzt werden. Weltweit eindeutige Seriennummern der RFID-Chips in Koppelung mit Datenbanken ermöglichten detaillierte Bewegungs-, Konsum- und Interessenprofile der Menschen. Bei der Einführung von RFID seien daher nicht nur die Interessen der Hersteller, des Handels und der Verbraucher berührt, sondern auch fundamentale Rechte der Bürger. Eine gesetzliche Regulierung würde die »good guys« – also die Firmen, die die Privatsphäre der Bürger tatsächlich achten – schützen: vor der böswilligen Konkurrenz und vor ihren eigenen Aktionären.
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2) Der FoeBuD besucht die EU in Brüssel
Anfang September waren Rena Tangens und Jan Hennig vom FoeBuD zu einem Vortrag vor der §29 AG nach Brüssel eingeladen [1]. Die Artikel 29-Arbeitsgruppe der Europäischen Kommission nimmt sich Fragen des Datenschutzes an. Rena Tangens und Jan Hennig reisten zu diesem Termin gemeinsam nach Brüssel.
Nach einigem bürokratischen Hin und Her (eigentlich sollte der Besuch in Brüssel schon früher stattfinden) kam es doch noch zu diesem Termin. »Ich bin von der Arbeitsgruppe angenehm überrascht«, sagt Tangens. Die Datenschutzbeauftragen aus 15 europäischen Mitgliedsstaaten und von der EU-Kommission lauschten aufmerksam dem Vortrag und diskutierten. Offensichtlich war ihr Interesse sehr groß. »Ich habe den Eindruck, dass die Arbeitsgruppe sehr ernsthaft an einer Empfehlung zur Nutzung von RFID arbeitet«, schildert Tangens. Die Arbeitsgruppe kann allerdings nur Empfehlungen aussprechen und zur Gesetzgebung anregen. Die Veranstaltung in Brüssel zeigt, dass die Arbeit des FoeBuD gegen eine unkontrollierte Einführung von RFID auch europaweit Früchte trägt.
Einen Zwischenstopp legten Rena Tangens und Jan Hennig bei Mechthild Rothe, der Europaabgeordnete der SPD im Kreis Owestfalen-Lippe, die sich kurzfristig Zeit genommen hatte, ein. Sie trafen sie in ihrem Büro im zwölften Stock des EU-Gebäudes. Anfangs höflich, später hingerissen ließ sie sich von der FoeBuD-Arbeit, den BigBrotherAwards und der RFID-Technik berichten. Der FoeBuD hofft, dass es hier noch zu fruchtbaren Kooperationen kommt. Auf jeden Fall, so Rena Tangens, habe sie eine beeindruckende Frau kennengelernt. [2]
[1] Selbstdarstellung der Artikel-29-Gruppe:
AG29
[2] Website von Mechthild Rothe:
www.rothe-europa.de
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3) Datenschutzshoppen beim FoeBuD
Der FoeBuD hat jetzt einen richtigen Internetshop mit bunten Bildern, Bestsellerliste und Sonderangeboten – alles garantiert ohne Kundenkarte. Gehandelt wird mit allerlei Nützlichem und Identitätsstiftenden in Sachen Datenschutz: Da gibt es Pesthörnchen-Aufkleber, Kapuzen-Shirts oder Stempel zur Abwehr von Werbung. Nützlich auch die „RFID-Cardprotection“: Durch dieses Kästchen, praktischerweise in Visitenkartengröße, kommen kaum elektromagnetische Strahlen durch. Wer darin seine mit RFID-Chip bestückte Kundenkarte aufbewahrt, kann nicht heimlich gescannt werden.
Sinnhaftend, eindeutig und praktisch ein Aufkleber, der vor Videoüberwachung warnt. Auf ihm ist ein Rutenbündel zu sehen, in dem statt eines Beiles eine Videokamera steckt. [1]. Das Rutenbündel (lat fasces) mit Beil wurde im römischen Reich als Symbol der Macht über Leben und Tod eingesetzt. Mussolini setzte das Rutenbündel als Zeichen seiner totalitären Herrschaft ein. Vom lateinischen Wort ‚fasces’ leitet sich das Wort Faschismus ab.
Der FoeBuD-Aufkleber ist zugleich ein Vorschlag für ein standardisiertes Kamerawarnschild. Denn das »Deutsche Institut für Normung (DIIN)« will die Warnschilder in euphemistischem Blau halten. Keine Farbe, die der FoeBuD für die Warnung vor Überwachungskameras schätzt. Warnschilder seien im öffentlichen Raum niemals blau, sondern auffallend orange. Blaue Schilder signalisierten im öffentlichen Raum eher eine Empfehlung: »Hier sollten Sie 130 km/h fahren« zum Beispiel. Dies habe keine Warnwirkung, sagt der FoeBuD. Der FoeBuD-Aufkleber hingegen sorgt mit seinem leuchtend-orangenen Piktogramm für Klarheit: „Videoüberwachung gefährdet die Demokratie“, sagt padeluun, „und dies soll der Aufkleber eindeutig darstellen“.
[1] Informationen zum Rutenbündel:
Wikipedia
Shoppen beim FoeBuD:
shop.foebud.org
4) »Datenkraken am Kragen packen«
Die fünfte Verleihung der Big Brother Awards
Am Freitag, 29. Oktober, ist es wieder so weit: Die Big Brother Awards für Deutschland werden zum fünften Mal verliehen. Wer diesmal die Preisträger sind, wird vorher natürlich nicht verraten. Aber die Jury ist bereits in den frisch renovierten Räumlichkeiten des FoeBuD zusammengekommen und hat die über 200 eingesendeten Vorschläge – mehr als jemals zuvor – begutachtet. Rena Tangens und padeluun versprechen interessante Preisträger.
Der FoeBuD organisiert alljährlich die Nominierung und Preisverleihung. In der Jury entscheiden neben dem FoeBuD die Deutsche Vereinigung für Datenschutz, FITUG, der Chaos Computer Club, FlfF, die Internationalen Liga für Menschenrechte und die Humanistischen Union über die Preisträger. Die Preise werden im Rahmen einer großen Gala mit Kabarett und Musik im Murnau-Saal der Ravensberger Spinnerei in Bielefeld verliehen.
Die Big Brother Awards wurden ins Leben gerufen, um die öffentliche Diskussion um Privatsphäre und Datenschutz zu fördern – sie zeigen missbräuchlichen Umgang mit Technik und Informationen. Seit 1998 wird ein solcher Preis in verschiedenen Ländern, seit dem Jahr 2000 auch in Deutschland an Firmen, Organisationen und Personen verliehen, die in besonderer Weise und nachhaltig die Privatsphäre von Menschen beeinträchtigen oder persönliche Daten Dritten zugänglich machen.
Anders als bei der Oscar-Verleihung sind die Gewinner glücklich und selten bei der Verleihung zugegen. Bisher hatte nur Microsoft vor zwei Jahren so viel Standing und Stil, ihren Datenschutzbeauftragten einzufliegen. Er nahm den Preis persönlich entgegen und stellte sich der Laudatio. Deshalb werden Gewinner, die nicht zur Preisverleihung kommen, auf der Bühne „kabarettistisch pflichtverteidgt“, kündigt der FoeBuD an.
Verleihung der Big Brother Awards: Freitag, 29. Oktober, 16 Uhr. Ravensberger Spinnerei, Murnausaal, Bielefeld. Frühzeitiges Erscheinen wird empfohlen, der Saal war bei allen früheren Veranstaltungen stets restlos gefüllt. Nach der gala gibt es noch einen kleinen Sektempfang.
Weitere Informationen: BigBrotherAwards.de
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5) »Warum immer ich?« Schicksal - eine Betriebsanleitung
Warum ist die Ampel immer rot, wenn man sie erreicht? Warum stimmt der Wetterbericht meistens, aber nicht für mich? Warum werden Idioten an der Börse reich? Das sind zweifelsohne großen Fragen. Jochen Wegner denkt: Menschen denken, sie würden die Welt verstehen. Daraus leiten sie ab, dass es auch möglich sei, sich die Welt Untertan zu machen. Erdbeben, Vulkanausbrüche und Klimakatastrophen schrumpfen zu kalkulierbaren Restrisiken der Statistik zusammen. Der moderne Mensch wähnt sich unverrückbar fest im Sattel.
Jochen Wegner, Wissenschafts-Journalist und stellvertretender Leiter des Forschung- und Technik Ressorts des Magazins Focus, behauptet: Das Unvorhersehbare bestimmt das Leben mehr, als der Mensch sich eingestehen will. Er erklärt anhand von Forschungsergebnissen, welchen Stellenwert das Schicksal in unserer Welt hat und wie wir lernen können, damit umzugehen. Was aber nicht heißt, dass das Schicksal steuerbar wäre. Jochen Wegener ist Autors des in diesem Jahr erschienen Buchs »Warum immer ich?« (ISBN 3-87024-604-9). Wer mehr über die verschlungenen Wege des Schicksals erfahren will, sollte zur Public Domain kommen.
Public Domain #132 am Sonntag 3. Oktober, 15 Uhr. Bunker Ulmenwall, Kreuzstraße 0, Bielefeld. Weitere Informationen: www.foebud.org
6) Erklärung gegen Datenvorratsspeicherung
Wenn es nach dem Willen von Großbritannien, Irland, Spanien und Frankreich geht, sollen alle Telekommunikationsgesellschaften und Internetprovider in den EU-Staaten verpflichtet werden, die Verkehrsdaten aller Telekommunikationsvorgänge und Internetnutzungen aller Kundinnen und Kunden für mindestens 12 und bis zu 36 Monate zu speichern. Bisher dürfen in Deutschland ohne besondere Verdachtsmomente nur die Abrechnungsdaten für bis zu sechs Monaten nach Rech-nungsversand gespeichert werden. Mit der geplanten Neuregelung würden die Telekommunikati-ons-Verkehrsdaten von 450 Millionen Menschen in der EU für mindestens 12 Monate gespeichert, weil nicht auszuschließen sei, dass unter Ausnutzung von Telefon, SMS, MMS, E-Mail und Internet Straftaten begangen werden. Der FoeBuD gehört zu den Mitunterzeichnern einer Erklärung gegen die Datenvorratsspeicherung.
Die Dokumente finden sich hier:
Erklärung
Hintergrund
7) FoeBuD in der Presse:
Spiegel online:
Die Deutsche Industrie klagt, dass die Diskussion über Funketiketten (RFID) in eine falsche Richtung laufen würde. Das freut den FoeBuD. Die befürchtete Totalüberwachung, die mit einer unkontrollierten RFID-Einführung einhergehen würde, sei nämlich das eigentlich Problem.
Spiegel online
Financial Times Deutschland:
Die einen sehen es noch als PR-Desaster, der FoeBuD sieht darin einen großer Erfolg: Das frühzeitige Nachdenken über datenschutz- und demokratiefreundlicher Technik, kann ein großer Standortvorteil werden.
Financial Times Deutschland
weitere Artikel zur Arbeit des FoeBuD finden sich im Pressearchiv www.foebud.org/archiv/
8) Vorschau:
Bielefeld: Sonntag, 7. November: PUBLIC DOMAIN #133 Mass Action Success Strategy – 1000 Tipps für eine gelungene Revolution. Mit Felix Kolb (ehemaliger Pressesprecher von attac)
Hamburg: Donnerstag, 4. November: Das Chaos-Bildungswerk des Chaos-Computer-Clubs in Hamburg lädt zu einem Workshop zum Thema RFID. Referent ist padeluun vom FoeBuD. Er gibt einen Einblick in die Funktion der Technik, artikuliert Anwendungsszenarien und sinniert über die politischen Wirkungen. Weitere Informationen: http://hamburg.ccc.de
Bielefeld: Sonntag, 5. Dezember: PUBLIC DOMAIN #134 Matrix Revoluzzer -- Das Subversionspotential im populären Action- und Science-Fiction Film. Referent ist Michael Schöngarth.
Andere über FoeBuD
Heute: Alexander Dix, Landesdatenschutzbeauftragter Land Brandenburg: »Dass die Notwendigkeit der Achtung der Privatsphäre durch die jährliche Preisverleihung der Big Brother Awards in die politische Diskussion gebracht wird, halte ich für ein bedeutendes Verdienst der Tätigkeit des FoeBuD«.
Spenden:
Die Arbeit des FoeBuD kostet Geld: Spenden sind willkommen über die Kontonummer 2129799 bei der Sparkasse Bielefeld (BLZ 48050161). Auch kleinere Beträge -- 10 oder 25 Euro pro Monat -- helfen uns, weiter unabhängig zu arbeiten. Selbstverständlich freuen wir uns über größere Einzelspenden. Doch regelmäßige Einnahmen helfen uns, unser Budget besser planen zu können.
Wer regelmäßig spenden möchte, kann FoeBuD einen Dauerauftrag erteilen oder dem FoeBuD e.V. eine Lastschriftermächtigung erteilen. Lastschriftermächtigungen sind auch online möglich unter www.foebud.org/spende/formmailer
Der FoeBuD ist vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannt und schickt jährlich eine Spendenquittung.
Kontakte:
Internet: https://www.foebud.org, Mail: foebud@bionic.zerberus.de
www.bigbrotherawards.de, www.stoprfid.de, www.spychips.org
FoeBuD e.V., Marktstr. 18, D-33602 Bielefeld
Tel: 0521-175254, Fax: 0521-61172
Neu: Der FoeBuD-Shop: http://shop.foebud.org
2005-09-11 18:49