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Offener Brief zur Einstellung von ELENA

Die Rechtsanwälte Starostik und Boecker hatten für den FoeBuD die Verfassungsbeschwerde gegen den Elektronischen Entgeltnachweis ELENA eingereicht. In einem Offenen Brief wenden sie sich an die Bundesministerien für Wirtschaft und Technologie sowie für Arbeit und Soziales gegen weitere zentrale Datenspeicher.

An das Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Bundesministerin für Arbeit und Soziales
Frau Ursula von der Leyen
Wilhelmstraße 49
10117 Berlin

An das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
Bundesminister für Wirtschaft und Technologie
Herrn Dr. Philipp Rösler
Scharnhorststraße 34 – 37
10115 Berlin

Berlin, den 21.07.2011

ELENA-Verfahrensgesetz

Sehr geehrte Frau Ministerin,
sehr geehrter Herr Minister,

wie Sie wissen, vertreten wir, die unterzeichnenden Rechtsanwälte ca. 22.000 Beschwerdeführer, die eine Verfassungsbeschwerde gegen die Kernreglungen des ELENA-Verfahrensgesetzes eingereicht haben.

Wir möchten Ihnen namens unserer Mandantinnen und Mandanten, die alle von ELENA Betroffenen umfassen, also Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einschließlich der geringfügig Beschäftigten, sog. Scheinselbständige, Beamtinnen und Beamte, Soldatinnen und Soldaten und Richterinnen und Richter, für Ihre mutige politische Entscheidung danken, das ELENA-Verfahren zu beenden und die vorhandenen gespeicherten Daten unverzüglich zu löschen. Wir hoffen, der Deutsche Bundestag wird alsbald die erforderliche gesetzliche Regelung treffen.

Grund zur Sorge bereitet der letzte Satz Ihrer gemeinsamen Presseerklärung vom 18.07.2011, dass überprüft werden solle, wie die bereits bestehende Infrastruktur des ELENA-Verfahrens und das erworbene Knowhow für ein einfacheres und unbürokratisches Meldeverfahren in der Sozialversicherung genutzt werden könne. Damit behalten Sie sich vor, weiterhin in großem Umfang persönliche Daten über Einkommen und Beschäftigungsverhältnisse, in einem zentralen Datenspeicher zu speichern.

Das bisherige Bescheinigungswesen bei Beantragung von Sozialleistungen ist für alle Beteiligten nicht zufriedenstellend und für die betroffenen Unternehmen und Sozialleistungsträger kostenintensiv. Wir möchten aber ganz dringend davor warnen, den Ersatz der Papierbescheinigungen bei der Beantragung von Sozialleistungen über ein Verfahren durchzuführen, bei dem detaillierte Lohndaten in einem zentralen Datenspeicher auf Vorrat gespeichert werden.

Dieses ist nicht erforderlich und, wie die weltweiten Angriffe auf zentrale Datenspeicher der letzten Monate zeigen, extrem gefährlich.

In fast 100% der Fälle werden heute Lohnabrechnungen elektronisch erstellt und müssen beim Arbeitgeber für Zwecke der Betriebsprüfung auch gespeichert werden. Vor diesem Hintergrund ist nach unserer Auffassung ein für die Arbeitgeber kostengünstiges und für den Datenschutz der betroffenen Arbeitnehmer wünschenswertes dezentralisiertes Verfahren möglich, das folgende Mindeststandards erfüllt:

1.
Vermeidung jeglicher zusätzlichen Speicherung von Entgeltdaten in zentralen oder auch dezentralen Zwischenspeichern sowie einer dauerhaften Vorratsdatenspeicherung von Entgeltdaten ohne Anlass,

2.
Ãœbermittlung von Entgeltdaten lediglich anlassbezogen bei Beantragung von Sozialleistungen,

3.
Übermittlung dieser Daten stets in verschlüsselter Form entsprechend den jeweils aktuellsten technischen (kryptografischen) Standards,

4.
Der Arbeitnehmer kann vermeiden, dass sein Arbeitgeber von der Beantragung von Sozialleistungen erfährt. Dies erfolgt dadurch, dass schweigepflichtige Dritte, z.B. der Steuerberater des Arbeitgebers, der ohnehin die Lohndaten bearbeitet, oder der Datenschutzbeauftragte die Bescheinigung erteilen dürfen. Der Arbeitgeber muß insofern den Datenzugriff auf die bei ihm gespeicherten Lohndaten gewährleisten.

Wir sind sicher, dass der gewünschte Effekt der Kostenentlastung für die beteiligten Unternehme und Verwaltungen und des Datenschutzes für die abhängig Beschäftigten bei Beachtung der vorgenannten Grundsätze ohne weiteres erreicht werden kann. Der Wirtschaftsstandort Deutschland braucht auch bei der Antragstellung von sozialen Transferleistungen moderne, effiziente und kostengünstige Wege der elektronischen Datenübermittlung und rechtssicheren Bescheinigung. Was wir alle nicht brauchen, ist die Aushöhlung der Privatsphäre durch die ausufernde Speicherung von persönlichen Daten.

Gerade weil dies technisch so leicht geworden ist, bitten wir Sie, verehrte Frau Ministerin, verehrter Herr Minister, Ihr Augenmerk verstärkt auf die Gefahren zu richten, die der Einsatz der technischen Möglichkeiten zur Speicherung persönlicher Daten bietet.

Nur Daten, die nicht gespeichert werden, sind sichere Daten.

Mit verbindlicher Empfehlung

Meinhard Starostik
- Rechtsanwalt -

Dominik Boecker
- Rechtsanwalt -
Fachanwalt für IT-Recht

https://www.foebud.org/datenschutz-buergerrechte/arbeitnehmerdatenschutz/elena/foebud-offener_brief_starostik_und_boecker_zum_elena-verfahren.pdf

2011-07-21 11:34
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