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Schadenspotential der Gesundheitskarte

Mit wachsenden Möglichkeiten steigen leider meist auch die Begehrlichkeiten. Dass die elektronische Gesundheitskarte durchaus in einigen Fällen, wie beispielsweise bei Arzneimittelunverträglichkeiten, Nutzen stiften kann, ist unbestreitbar. Fraglich ist jedoch, wie dieser Nutzen im Verhältnis zu dem möglichen Schadenspotential dieser Neuerung steht.

Die Bundesärztekammer sieht sich durch die Verpflichtung, eine online-Anbindung für die elektronische Datenverarbeitung der Behandlungsergebnisse einzuführen, in ihrer Berufsfreiheit eingeschränkt. Durch die elektronische Erfassung von Rezepten könne, so die Ärztevertreter, die ärztliche Schweigepflicht mit wenig Aufwand umgangen werden. Durch die Analyse der verordneten Medikamente kann leicht zurückverfolgt werden, mit welchen Beschwerden sich der Patient an den ausstellenden Arzt gewendet hat.
Bereits in der Testphase kam es zu zahlreichen Problemen, sowohl von Seiten der Ärzte, als auch der Patienten. Ein vollständiger Systemausfall Anfang 2008 zeigte, dass das System bislang noch unausgereift ist. Die Entwicklungs- und Einführungskosten sind immens und es scheint daher fraglich, ob dies durch Einsparungen an anderen Stellen wieder wett gemacht werden kann. Denn auch die Behandlungsabläufe werden durch die elektronische Erfassung komplexer und somit zeitaufwendiger und kostenintensiver werden. Es stellt sich auch die Frage, wie das auf einer PIN-Nummer basierende System bei behinderten und alten Menschen greifen soll. Auf dem Deutschen Ärztetag in Münster haben daher 2007 die Mehrheit der Teilnehmer gegen die Einführung einer elektronische Gesundheitskarte in ihrer derzeitigen Form gestimmt.

Wachsende Möglichkeiten schaffen leider oft auch wachsende Begehrlichkeiten. Unternehmen, Krankenkassen aber auch der Staat haben ein großes Interesse an unseren Patientendaten. Für Unternehmen könnte es beispielsweise finanziell äußerst reizvoll sein, auf Krankendaten zugreifen zu können, da sie so „kostspielige“ Arbeitnehmer mit hohem Erkrankungsrisiko oder langer Krankengeschichte frühzeitig aussortieren können, um ihre Ausgaben zu senken. Privatunternehmen wären mit Hilfe der Datensätze in der Lage ihre Produkte genau auf den Kunden abzustimmen, was besonders für Pharmakonzerne von großem Interesse sein wird. Krankenkassen wären mit diesen sensiblen Daten in der Lage, Risikokunden mit höheren Beiträgen zur Kasse zu bitten. Finanzdienstleister würden es sich bei einigen Mitbürgern genau überlegen, zu welchen Konditionen sie eine Versicherung oder einen Kredit anbieten. Das Solidaritätsprinzip des Lastenausgleichs und der Risikostreuung, nach der Versicherungen heute funktionieren, würde ausgehebelt werden, wenn ein Zugriff auf die Daten ermöglicht wird. Bedenklich ist vor diesem Hintergrund vor allem die Ankündigung, dass der Zugriff der Patienten auf ihren Datensatz von Bankautomaten aus möglich sein soll.

Auch der Staat hat ein Interesse an unseren Daten. Zum Zwecke der Rasterfahndung, der „effizienteren“ Gestaltung der Gesundheitsversorgung oder der Terrorbekämpfung wäre es möglich, sich die Zugriffskompetenzen in einem günstigen Zeitpunkt mit einer Mehrheit in Bundesrat und Bundestag zu beschaffen.

Kritisiert werden sollte auch der Aufbau der Planung und die technische Realisation, welche unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt findet. Ob das System wirklich zumindest minimalen Sicherheitsanforderungen entspricht lässt sich schwer sagen, da der Quellcode der Software bisher nicht offen gelegt wurde und dies in Zukunft auch nicht geschehen soll. Durch die zentrale Speicherung erhöht sich das Ausmaß des möglichen Schadens im Falle eines unerlaubten Zugriffs oder Verlustes der Daten immens. Einem System, welches derart unausgereift scheint, dessen Realisation sich bereits seit Jahren aufgrund von Problemen weiter hinausschiebt, soll nun mit den hoch sensiblen Krankendaten aller Bundesbürger gefüttert werden. Verantwortungsbewusstes Handeln sieht anders aus.

Aller Sicherheitsmaßnahmen zum Trotz kann menschliches Versagen niemals vollständig ausgeschlossen werde. Durch Unachtsamkeit, Verlust oder eine strafbare Handlung einer zugriffsberechtigten Person könnte es passieren, dass die Daten in die Hände Dritter gelangen.

In falschen Händen wäre da noch eine weit untertriebene Formulierung, da das Schadenspotential eines Datenlecks immens ist. Die Offenlegung von Erbkrankheiten würde nicht nur unsere Generation, sondern auch die unserer Kinder schwer treffen. Ein derartiger informationeller Supergau kann nicht mehr rückgängig gemacht werden, wenn die sensiblen Daten erst einmal in die mediale Atmosphäre entwichen sind. Dabei geht es nicht nur um finanzielle Einbußen für die Betroffenen. Unfreiwillig als HIV-positiv infizierte, psychisch erkrankte oder als sonst wie gesundheitlich nicht der Norm entsprechend geoutete Menschen setzen sich der Gefahr einer Stigmatisierung aus. Wer argumentiert, er habe schließlich nichts zu verbergen und sehe daher auch keine Gefährdung durch eine e-Card, sollte sein Blickfeld weiter spannen und auch das langfristige Schadenspotential nicht aus den Augen lassen. Denn ein wenig Solidarität hat bekanntlich noch niemandem geschadet.


Lesenswertes:

Katharina Nocun
11.07.2011 11:19
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